Sie befinden sich hier:
BfR-Mitteilung: Hochkonzentriertes Koffein-Pulver kann bereits in geringen Mengen schwere Vergiftungen hervorrufen
Koffeinhaltige Pulver, die als Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden, sind im Handel vor Ort oder im Internet frei verkäuflich. Solche Produkte werden unter anderem von manchen Sportlern z. B. als sogenannte „Pre-Workout“-Produkte zur Leistungssteigerung eingenommen. Insbesondere in vereinzelten Online-Shops sind auch reine oder hochkonzentrierte Koffein-Pulver erhältlich. Bei diesen Produkten ist aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) das Risiko einer versehentlichen Überdosierung hoch, bereits sehr geringe Mengen können erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen.
Für gesunde Erwachsene empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), nicht mehr als 0,2 Gramm (g) Koffein als Einzeldosis zu sich zu nehmen. Über den Tag verteilt gelten 0,4 g als gesundheitlich unbedenklich, für schwangere und stillende Frauen sind es 0,2 g. Bei einem reinen Koffein-Pulver ist die Menge an Pulver gleich der Menge an Koffein: in 0,2 g Pulver sind also 0,2 g Koffein enthalten. Grob entspricht das einer Messerspitze Pulver. Eine solch geringe Menge lässt sich mit einer herkömmlichen Küchenwaage oder einem Messlöffel nicht exakt abmessen.
Hinzu kommt, dass die Wirkung von hochkonzentriertem Koffein-Pulver von Verbraucherinnen und Verbrauchern leicht unterschätzt werden kann, denn sie ist nicht zu vergleichen mit der Wirkung einer gleichen Menge an Kaffee-Pulver oder einem anderen koffeinhaltigen Lebensmittel.
Geringe Dosen Koffein können durchaus positive Wirkungen haben und etwa die Wachsamkeit und Leistungsfähigkeit erhöhen. Zu hohe Mengen können hingegen starke Unruhe, Übelkeit, erhöhten Blutdruck, Herzrasen sowie Herzrhythmusstörungen auslösen. Die Einnahme von etwa 5 bis 10 g (grob ein bis zwei Teelöffel) an purem Koffein ist lebensgefährlich. Schwere oder gar tödliche Vergiftungen mit hochkonzentrierten Koffein-Pulvern sind selten, sind aber als Einzelfallberichte in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben.
Die Wirkung von Koffein auf den Körper ist von Mensch zu Mensch verschieden und hängt unter anderem von der individuellen Empfindlichkeit und der Gewöhnung an die Substanz ab. Bei hohem Kaffeekonsum kann es zu unerwünschten Wirkungen wie Unruhe, Zittern oder Herzrasen kommen – eine Koffein-Vergiftung ist bei gesunden Erwachsenen bei üblichem Konsum von Kaffee allerdings nicht zu erwarten. Als potenziell akut tödliche Dosis
gelten beim erwachsenen Menschen 5 bis 10 g Koffein.
Eine Tasse Kaffee (200 Milliliter) enthält etwa 0,09 g Koffein. Um 5 g Koffein über Kaffee als Getränk aufzunehmen, müsste ein Mensch also rund zehn Liter Kaffee trinken. Bei hochkonzentrierten oder puren Koffein-Pulvern enthalten schon ein bis zwei Teelöffel Pulver etwa 5 bis 10 g Koffein – also die potenziell akut tödliche Dosis.
Bei den im Handel angebotenen Pulver-Produkten ist die empfohlene Verzehrmenge zwar in der Regel angegeben (z. B. 0,2 g als Einzeldosis), allerdings eignen sich herkömmliche Küchenwaagen nicht dafür, diese geringen Mengen abzuwiegen. Sie messen meist erst ab 1 g relativ genau. Auch mit beigefügten Dosierlöffeln kann man nur sehr ungenau abmessen. Hinzu kommt: Während die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, wie sie auf Kaffee reagieren, ist vielen Menschen unbekannt, dass die gleiche Menge reines Koffein eine immens höhere Wirkkraft hat. Versehentlich können somit über die angebotenen hochkonzentrierten Pulver-Produkte extrem hohe Dosen Koffein eingenommen werden.
In Deutschland sind seltene Fälle einer schweren akuten Koffein-Vergiftung beschrieben. Eine junge Frau, die ohne Kenntnis der Dosierungsempfehlung versehentlich zwei Teelöffel hochkonzentriertes Koffeinpulver – etwa 9 g – eingenommen hatte, verstarb trotz intensivmedizinischer Behandlung. Auch in anderen Ländern sind vergleichbare Fälle beschrieben.
Koffein-Pulver, die als Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden, sind Lebensmittel und freiverkäuflich. Die Produkte durchlaufen kein Zulassungsverfahren und werden behördlicherseits nicht auf Sicherheit oder Wirksamkeit geprüft, bevor sie in den Handel gelangen. Laut Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV) müssen die Produkte unter anderem Angaben über die empfohlene tägliche Verzehrmenge tragen, sowie einen Warnhinweis, dass diese Menge nicht überschritten werden darf. Die Verantwortung für die Sicherheit der Produkte und die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen tragen Hersteller und Vertreiber. Die Überwachung der Produkte auf dem Markt ist Aufgabe der Lebensmittelüberwachungsbehörden der Bundesländer.
pdf-Version (214.5 KB)
G. Wellershoff: Schwere akzidentelle Intoxikation durch Koffeinextrakt. Notarzt 2018, 34, 85-89, DOI: 10.1055/s-0044-100718
S. Anthonsen: Kreislauf- und Lungenversagen nach primär überlebter Koffein-Intoxikation. Anästhesiologie & Intensivmedizin, 2018, 59, 32-37, DOI: 10.19224/ai2018.032
Stand: 15.10.2024
Stellungnahmen
(1)Datum | Titel | Größe |
---|---|---|
27.05.2019 Stellungnahme Nr. 018/2019 des BfR
|
Kinder und Jugendliche: Übermäßiger Konsum von Energy Drinks erhöht Gesundheitsrisiko für Herz und Kreislauf |
673.0 KB |
Fragen und Antworten
(2)Datum | Titel | Größe |
---|---|---|
04.12.2018 FAQ des BfR
|
Fragen und Antworten zu Nahrungsergänzungsmitteln |
565.8 KB |
23.07.2015 FAQ des BfR
|
Fragen und Antworten zu Koffein und koffeinhaltigen Lebensmitteln, einschließlich Energy Drinks |
48.4 KB |