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BfR-Mitteilung: Ashwagandha: Schlafbeeren-Präparate mit möglichen Gesundheitsrisiken
Insbesondere Kinder, Schwangere und Stillende sowie Personen mit einer Erkrankung der Leber sollten darauf verzichten
Nahrungsergänzungsmittel mit Zubereitungen von Ashwagandha, im Deutschen auch als Schlafbeere, indischer Ginseng oder Winterkirsche bezeichnet, sind im herkömmlichen Handel und auch im Internet als Pulver, Kapseln, Tropfen oder Tee erhältlich. Sie werden von den Herstellern mit vermeintlichen gesundheitlichen Wirkungen beworben, zum Beispiel zur Leistungssteigerung, zum besseren Einschlafen oder gegen Stress. Allerdings sind die versprochenen positiven Wirkungen wissenschaftlich nicht belegt und die gesundheitlichen Risiken, die mit der Einnahme dieser Pflanzenzubereitungen verbunden sein können, bisher nicht gut untersucht. Mit Blick auf die momentan verfügbaren Erkenntnisse empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) insbesondere Kindern, Schwangeren und Stillenden sowie Personen mit einer bestehenden oder früheren Erkrankung der Leber keine Ashwagandha-Präparate einzunehmen. Aufgrund mangelnder Daten und Kenntnislücken rät das BfR auch anderen Teilen der Allgemeinbevölkerung zur Zurückhaltung bei der Einnahme dieser Mittel.
In den vorliegenden Studien mit Menschen wurden vor allem mögliche Nutzen von Ashwagandha-Präparaten untersucht, eventuelle unerwünschte Wirkungen wurden dagegen nicht systematisch erfasst. Zu berichteten Akutfolgen der Einnahme von Präparaten mit Ashwagandha zählen Beschwerden des Verdauungstraktes wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sowie Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schläfrigkeit und Hautausschläge. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die Präparate das Immunsystem sowie das endokrine System (Effekte auf den Cortisol- und Blutzuckerspiegel, Schilddrüsen- und Sexualhormone) beeinflussen können. Fallberichte über Leberschäden, die möglicherweise mit dem Verzehr von Ashwagandha-haltigen Präparaten in Zusammenhang stehen, geben aus Sicht der Risikobewertung Anlass zu besonderer Vorsicht. Eine abschließende Risikobewertung und präzisere Aussagen zu gesundheitlichen Risiken lässt die Datenlage derzeit allerdings nicht zu.
Richtwert für eine gesundheitlich unbedenkliche Aufnahmemenge konnte auf Basis der vorliegenden Datenlage bisher nicht abgeleitet werden. Ashwangandha (lat.: Whitania somnifera), wird traditionell in der ayurvedischen Medizin genutzt. Dabei werden vor allem die Wurzel der Pflanze bzw. Zubereitungen davon verwendet. Neuerdings werden Pflanzenteile von oder pflanzliche Zubereitungen aus der Wurzel, aber auch aus Blättern von Ashwangandha, in Europa in Nahrungsergänzungsmitteln oder Teegetränken eingesetzt. Unter den vielen phytochemischen Inhaltsstoffen gelten vor allem die sogenannten Withanolide und Alkaloide als biologisch wirksam. Aufgrund der vorliegenden Daten ist es allerdings nicht möglich, eindeutig die Substanz(en) und Dosierungen zu benennen, die für die in Studien berichteten Wirkungen verantwortlich sein könnten. Bisherige Untersuchungen lassen vermuten, dass sich die Art und die Gehalte der Inhaltsstoffe in einzelnen Nahrungsergänzungsmitteln stark unterscheiden. Das liegt u.a. daran, dass bei der Herstellung der Präparate vor allem die Wurzel, teilweise aber auch andere Pflanzenteile (wie Blätter) eingesetzt werden und unterschiedliche Verfahren zur Extraktion der Inhaltstoffe zum Einsatz kommen können. Sowohl die verwendeten Pflanzenteile als auch das Extraktionsverfahren kann die Konzentration der in einem Präparat enthaltenen Inhaltsstoffe beeinflussen – und damit vermutlich auch die biologische Wirkung der Präparate.
Mögliche unerwünschte Wirkungen von Ashwagandha bzw. Withania somnifera wurden bisher in Humanstudien kaum untersucht. In Studien, die zur Untersuchung möglicher positiver Effekte durchgeführt wurden, unterschieden sich die eingesetzten Zubereitungen, die Dosierungen, Darreichungsformen, aber auch die untersuchten Personengruppen und die Einnahmedauer. Auch erfolgte in diesen Studien keine systematische Erfassung möglicher unerwünschter Wirkungen. Rückschlüsse auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Ashwagandha und eventuell beobachteten Wirkungen werden zudem dadurch erheblich erschwert, dass Zubereitungen von Ashwagandha häufig als Kombinationspräparate vermarktet werden.
Das BfR hatte bereits im Jahr 2012 auf Basis der damals vorhandenen Daten eine Risikobewertung zu Zubereitungen und Extrakten aus der Wurzel von Withania somnifera veröffentlicht. Damals waren gesundheitliche Bedenken gegenüber der Verwendung von entsprechenden Präparaten geäußert worden, die sich im Wesentlichen aus Hinweisen auf eine Beeinflussung der Schilddrüsenfunktion ergaben sowie daraus, dass Ashwagandha historisch eine Verwendung als Abtreibungsmittel nachgesagt wird. In den Jahren 2020 bis 2024 haben einige europäische wissenschaftliche Institutionen wie die Technical University of Denmark (DTU) in Dänemark oder „Schwesterbehörden“ des BfR (in den Niederlanden (RIVM) und Frankreich (ANSES)) sowie die australische Therapeutic Goods Administration (TGA) die jeweils aktuellen Studiendaten zu Ashwagandha für erneute Risikobewertungen zusammengetragen. Die Ergebnisse bestätigen und ergänzen die bisherige Risikobewertung des BfR, indem sie darauf hinweisen, dass Ashwagandha-Zubereitungen den Blutzuckerspiegel, die Sexualhormone, das Zentralnervensystem, die Schilddrüsen-, Nebennieren- und die Leberfunktion beeinflussen können. Die Datenqualität für eine verlässliche Risikobewertung und Ableitung von sicheren Zufuhrmengen wurde aber weiterhin als ungenügend erachtet – unter anderem, weil auch mögliche Folgen einer langfristigen Einnahme bislang nur unzureichend untersucht wurden.
Seit dem Jahr 2017 sind allerdings weltweit mehrere Fallberichte, auch aus Europa und Deutschland, sowie Verdachtsfälle zu (teilweise schwerwiegenden) unerwünschten Wirkungen veröffentlicht worden, die möglicherweise mit der Einnahme von Ashwagandha- haltigen Präparaten in Zusammenhang stehen. Zu berichteten Akutfolgen, die teilweise auch in klinischen Studien berichtet wurden, zählten Beschwerden des Verdauungstraktes wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sowie Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schläfrigkeit und Hautauschläge. Insbesondere Berichte zu Leberschäden, darunter auch Fälle von akutem Leberversagen, geben Anlass zur Vorsicht.
Insgesamt lassen die vorliegenden Daten darauf schließen, dass es Menschen oder Personengruppen gibt, die besonders empfindlich auf Ashwagandha reagieren können. Personen mit bestehenden oder früheren Erkrankungen der Leber scheinen dazu zu zählen. Hinweise gibt es auch darauf, dass es Wechselwirkungen von Ashwagandha-Präparaten mit anderen Medikamenten gibt, etwa mit solchen, die den Blutzuckerspiegel (Antidiabetika), den Blutdruck (Blutdrucksenker) und das Immunsystem (Immunsuppressiva) regulieren. Aus diesem Grund sollte bei Einnahme bestimmter Arzneimittel ärztliche Rücksprache erfolgen. Basierend auf den bisher veröffentlichten Risikobewertungen sowie den international registrierten Fallberichten empfehlen das BfR und andere europäische Behörden, keine Ashwagandha-haltigen Präparate einzunehmen. Da Daten zur Sicherheit von Ashwagandha für Schwangere, Stillende und Kinder fehlen, wird vor allem diesen Bevölkerungsgruppen von der Einnahme entsprechender Präparate abgeraten.
Wichtig zu wissen: „Botanicals“ wie Ashwagandha zählen zu den so genannten „sonstigen Stoffen“ mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung, die Nahrungsergänzungsmitteln häufig zugesetzt werden, obwohl ihre Verwendung in der Europäischen Union bislang unzureichend geregelt ist. Gemäß VERORDNUNG (EG) NR. 1925/2006 vom 20. Dezember 2006 gilt folgender Grundsatz: Für den Fall, dass Hinweise auf Sicherheitsbedenken bezüglich der Verwendung eines Stoffs in Lebensmitteln bestehen, jedoch wesentliche wissenschaftliche Informationen fehlen, kann der Stoff in Anhang III Teil C (Stoffe, die von der Gemeinschaft (der EU) geprüft werden) der genannten Verordnung aufgenommen werden. Das BfR hatte bereits 2012 dazu geraten, mit der Wurzel von Withania somnifera entsprechend zu verfahren.
Nicht zu verwechseln sind Nahrungsergänzungsmittel, die „Botanicals“ enthalten, mit Arzneimitteln auf Basis pflanzlicher Zubereitungen. Arzneimittel durchlaufen ein behördliches Zulassungsverfahren, bevor sie in den Handel gelangen. Nahrungsergänzungsmittel hingegen gelten rechtlich als Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung gesunder Personen zu ergänzen. Eine Kontrolle von Nahrungsergänzungsmitteln vor dem Inverkehrbringen im Sinne einer staatlichen Zulassung, bei der die Produkte eigens auf ihre Sicherheit oder Verträglichkeit für die Allgemeinbevölkerung hin geprüft werden, findet nicht statt. Für die Sicherheit von Nahrungsergänzungsmitteln ist primär der Lebensmittelunternehmer und somit Hersteller, Importeur, Anbieter bzw. Vertreiber verantwortlich. Die Überwachung der auf dem Markt angebotenen Nahrungsergänzungsmittel ist in Deutschland Aufgabe der Lebensmittelüberwachungsbehörden der Länder. Sie kontrollieren die Produkte, die am Markt angeboten werden, stichprobenartig auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben.
pdf-Version (238.6 KB)Stand: 10.09.2024
Fragen und Antworten
(1)Datum | Titel | Größe |
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04.12.2018 FAQ des BfR
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Fragen und Antworten zu Nahrungsergänzungsmitteln |
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Presseinformationen
(1)Datum | Titel | Schlagworte |
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Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen |